Goldkronach. „Der Kosmopolit von heute besitzt gleichzeitig Flügeln und Wurzeln.“ Das sagt Professor Dr. Olivier Remaud von der Ecole des Hautes Etudes en Sciences Sociales in Paris. Bei der 3. Kosmos-Vorlesung des Alexander von Humboldt-Kulturforums in Goldkronach stellte Remaud fest, dass man heute ruhig Provinzbürger sein dürfe, ohne gleich befürchten zu müssen, von der großen Welt abgekoppelt zu werden. „Kosmopolitismus ohne Provinzialismus ist leer, umgekehrt aber auch“, so der renommierte Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreisträger.

Ob doppelte Staatsbürgerschaft als Zeichen für eine transnationale Lebensweise oder der Gang zum exotischen Restaurant um die Ecke, all dies zeuge von der Fähigkei,t bestimmte Effekte der Globalisierung umzusetzen. Doch diese Art der Kosmopolitisierung ziehe nicht automatisch auch ein kosmopolitisches Denken nach sich. Kosmopolit zu sein bedeute heute auch, „kein Bürger von Nirgendwo zu sein, auch wenn man sich überall zuhause fühlt“.

Auch der Weltbürger von heute fühle das Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Verwurzelung. Somit erfahre der Weltbürger von heute auch eine gewisse Diskrepanz: „Die Erfahrung, zwischen den Stühlen zu sitzen, lässt Ängste wachsen“, so Remaud. Weltbürger könne deshalb auch bedeuten, kein sicheres Territorium zu haben und die Orientierung zu verlieren.

Alexander von Humboldt hatte sich selbst als einen, dem Humanismus verpflichteten Weltbürger betrachtet, so der Organisator und Bundesbeauftragte für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten Hartmut Koschyk. Er erinnerte an die über 60 Kosmos-Vorlesungen, die Alexander von Humboldt ab 1826 an der Berliner Sing-Akademie gehalten hatte und die er in seinem mehrbändigen Werk „Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung“ für die Nachwelt festhielt. Der weltumspannende Gedanke Alexander von Humboldts finde sich auch vor Ort wieder, beispielsweise in der Klimapartnerschaft, die zwischen der Stadt Goldkronach und Gemeinden in Kolumbien begründet wurde. Dies sei ein Baustein für Goldkronach, um den Ansprüchen einer Humboldt-Stadt auch gerecht zu werden.

Die Vizepräsidentin der Universität Bayreuth, Professorin Dr. Anna Köhler erinnerte an die alte Bergbautradition von Goldkronach, die bis in das 14. Jahrhundert zurückreicht und die auch der Grund dafür war, dass Alexander von Humboldt zwischen 1792 und 1797 nach Goldkronach gekommen war. Humboldts Aufgabe sei es gewesen, den Bergbau wiederzubeleben und somit eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen.

Deshalb sei Goldkronach auch ein „zutiefst historischer Ort“, so Dr. Steffen Mehlich, der Leiter der Abteilung Förderung und Netzwerk der Alexander von Humboldt-Stiftung. Alexander von Humboldt sei gerade mit seinem Studium fertig gewesen, als er hier in Goldkronach seine ersten beruflichen Schritte als junger Bergbauassessor machte.