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Alexander von Humboldt und Jean Paul: Titan trifft auf Titanwurz  / Fiktive Begegnung zweier Genies in traumhafter Kulisse des Ökologisch-Botanischen-Gartens

Bayreuth. Es ist eine Begegnung, die es in Wirklichkeit nie gegeben hat. Zumindest theoretisch hätte es sie freilich geben können, zeitlich wie räumlich: der Universalgelehrte Alexander von Humboldt (1769 – 1859) trifft den Dichter Jean Paul (1763 – 1825). Trotz tropischer Temperaturen zog es am Freitagabend zahlreiche Interessierte in den Ökologisch-Botanischen-Garten der Universität Bayreuth um das Theaterstück zu sehen, das bereits vor zwei Jahren in Goldkronach und im vergangenen Jahr in Berlin mit großem Erfolg aufgeführt wurde. Initiator der Aufführung und des Stücks war das Alexander-von-Humboldt-Kulturforum Schloss Goldkronach.

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Die Idee war von der Bayreuther Kulturschaffenden Karla Fohrbeck gekommen. Ausgedacht hat sich den fiktiven Dialog der Bayreuther Autor und Kulturpublizist Frank Piontek, in Szene gesetzt wurde das Stück von der Regisseurin Marieluise Müller. Es habe ihm großen Spaß gemacht, die Dialogszenen zu verfassen, sagte Autor Piontek. Er beschreibt sowohl Alexander von Humboldt als auch Jean Paul als „große Geister, die bis heute wirken und die der Welt noch etwas zu sagen haben. Obwohl sich beide in Ethos und Arbeitsweise ungemein ähnlich sind, so seien sie doch auch unverwechselbare Charaktere. Beide hätten nicht auf den Tag, sondern auf eine gewisse Ewigkeit hingearbeitet. Genau das wird auch in seinem Stück deutlich.

Weil aber so gar nichts überliefert ist über eine mögliche Beziehung zwischen dem Universalgenie Alexander von Humboldt Humboldt und dem Dichter Jean Paul setzt Frank Piontek seine vier Spielszenen ohne Zeit und Raum an. Das ist vielleicht auch das Geheimnis, warum das Stück überall funktioniert. An „Originalschauplätzen“ in Goldkronach, auf der Bühne der Bayerischen Landesvertretung in Berlin, oder eben in den Gewächshäusern und auf den Freiflächen des Ökologisch-Botanischen-Gartens.

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Der Autor lässt beide Hauptakteure auf ihr irdisches Leben zurückblicken und ihr Wirken einordnen, das zwar von gegenseitigem Respekt und von Bewunderung geprägt ist, aber auch die unterschiedlichen Charaktere deutlich werden lässt. Als ein Ergebnis der fiktiven Begegnung ist festzuhalten: beide sind erstaunt, dass sie von der Nachwelt so geschätzt und verehrt werden. Auch wenn der eine nicht den Titan, dafür aber die Titanwurz kennt.

Erstklassig realisiert haben das Stück schließlich drei weit über die Region hinaus bekannte Künstler der Studiobühne Bayreuth mit Wolfgang Ster als Alexander von Humboldt und  Marcus Leclaire als Jean Paul. Carolin Dix spielte diesmal die Rolle des kommentierenden Engels und eines Schankburschen und die Flötistin und Cellistin Sybille Fritz umrahmte die Szenen gekonnt musikalisch.

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Aufführungsorte waren im ersten Bild der Eingangsbereich des ÖBG, dann setzte sich der Tross aus Mitwirkenden und Publikum auf eine schattige Freifläche vor einem Gewächshaus wo sich Humboldt und Jean Paul, wie könnte es anders sein, zu einem Bier trafen. Eine witzige Szene gab es dann auf einer anderen Freifläche des Gartens, ehe die fiktive Begegnung mitten im Tropenhaus nahe der mittlerweile abgeblühten Titanwurz endete.

Alexander von Humboldt hatte rund fünf Jahre überaus erfolgreich in Franken gewirkt, von denen unter anderem sein Erfindungsreichtum, seine wissenschaftliche Tätigkeit und sein Einsatz für den Goldbergbau in Erinnerung geblieben sind. Er war von 1792 bis 1797 als Bergwerkinspektor und Königlicher Oberbergmeister in den beiden Fürstentümern Brandenburg-Bayreuth und Brandenburg-Ansbach tätig. Fachleute sind sich einig, dass alle seine späteren wissenschaftlichen Arbeiten hier ihren Anfang genommen haben.

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Fast sein ganzes Leben lang verbrachte dagegen der Dichter Jean Paul, geboren in Wunsiedel, gestorben in Bayreuth, in der Region. Wer Jean Paul gelesen hat, der weiß, dass die Gegend um Bad Berneck, Goldkronach und Bindlach in mehrfacher Weise literarisch verewigt wurde. Marianne Lauerer vom Ökologisch-Botanischen-Garten führte zwischen den beiden Aufführungen zahlreiche Interessierte Besucher durch den Garten, wobei sie immer wieder an Pflanzen halt machte, die in Verbindung zu Alexander-von-Humboldt standen.

Der Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk, Mitbegründer und Ideengeber des Kulturforums, bedankte sich im Anschluss nicht nur bei allem Mitwirkenden, sondern auch beim Team des ÖBG mit Marianne Lauerer, Gregor Aas und Jens Wagner. Sie alle hätten dazu beigetragen, dass das Experiment des Wandertheaters in diesem Umfeld so hervorragend angekommen ist.

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