Jeder fünfte Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens eine behandlungsbedürftige Angststörung. Das sagt Professor Dr. Hans-Christian Pape, einer der weltweit führenden Experten in der Erforschung der neurophysiologischen Grundlagen des Verhaltens. Weil der prominente Wissenschaftler seit 2018 auch Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung ist, hatte ihn das Humboldt-Kulturforum diesmal zur „Kosmos-Vorlesung“ in den Landratssaal der Regierung von Oberfranken nach Bayreuth eingeladen. Ziel dieser Reihe, die Alexander von Humboldt 1826 begründet hatte, ist es, „Wissenschaft für jedermann greifbar zu machen“, so formulierte es Hartmut Koschyk, Vorsitzender des Kulturforums.

Hartmut Koschyk, Vorsitzender des Alexander von Humboldt-Kulturforum

Das Thema ist in der gesamten Gesellschaft omnipräsent, in der Mythologie wie in den Medien, in der Politik wie in der Religion. Ob angebliche Klimakatastrophe oder US-Präsident Trump: „Die Erlebnisse von Angst und Streß scheinen zuzunehmen“, sagt Professor Pape. Dabei seien Angst und Furcht zunächst einmal wichtige Mechanismen, die unser aller Wohlbefinden garantieren, das hatte schon der Evolutionstheoretiker Charles Darwin herausgefunden. Angst sichere unser Leben und Überleben.

Professor Dr. Hans-Christian Pape, Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung

Trotzdem ist Angst im Gegensatz zu anderen Kulturen wie etwa der chinesischen hierzulande negativ unterlegt. Man denke nur an den Angsthasen aus dem Kinderbuch. Ein grundlegendes Fazit des Vortrages von Professor Pape lautete deshalb auch: „Man kann Angst überwinden, durch Neubewertung und Erfahrung“. Trotzdem führten viele exzessiven Entwicklungen zu Angsterkrankungen wie etwa posttraumatische Belastungsstörungen.

In seiner Vorlesung schlüsselte der Wissenschaftler exakt auf, wo die Angst im Gehirn angesiedelt ist und welche Nervenzellen dafür verantwortlich sind. Der zuständige Teil des Gehirns heißt Amygdala und ist unter anderem für Autismus, Depression, Belastungsstörungen oder Phobien verantwortlich. Pape sprach von rund 100000 Nervenzellen mit 100000stel Millimeter kleinen Dornenfortsätzen, die das „Rauschen im Gehirn“ auslösen.

Die gute Nachricht von Professor Pape: Schlaf sorgt für eine Konsolidierung des Gedächtnisses und überführt Lerninhalte vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis. Das können Ängste sein, aber eben auch deren Bewältigung und darauf kann eine Therapie aufbauen.

Der Wissenschaftler wäre nicht Präsident der Humboldt-Stiftung, wenn er nicht gleich zu Beginn seines Vortrages einen Bogen zu Alexander von Humboldt geschlagen hätte. Auch Humboldt habe bereits in seinen Goldkronacher Jahren Versuche zur Physiologie über die Reizung von Muskeln und Nervenfasern an Fröschen und Froschschenkeln durchgeführt und dabei durchaus brauchbare Ergebnissee erzielt.

Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz

Zuvor hatte Kulturforums-Vorsitzender Koschyk als Instrument internationaler Wissenschaftspolitik der Bundesrepublik bezeichnet. Die noch zu Lebzeiten Alexander von Humboldts gegründete Stiftung betreue heute weltweit gut 50000 Stipendiaten und könne bereits auf rund 50 Nobelpreisträger verweisen. Die Bedeutung und die Leistung Alexander von Humboldts seien außerordentlich, so Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz. Humboldt habe das vernetzte Denken erfunden und sei dabei aktueller denn je zuvor. Piwernetz bedankte sich auch bei den Verantwortlichen des Kulturforums. Der Zusammenschluss halte die Erinnerung an das Wirken Alexander von Humboldts in der Region in beispielhafter Art und Weise wach. Humboldt und Oberfranken, das mache nicht zuletzt deutlich, dass die Region auch außerhalb der Ballungsräume viel zu bieten habe und keinen Vergleich zu scheuen braucht.

Prof. Dr. Anna Köhler von der Universität Bayreuth

Das neue „Alexander von Humboldt Centre for International Excellence“ an der Universität Bayreuth stellte die leitende Direktorin, Professor Dr. Anna Köhler, vor. Die zum 250. Geburtstages Alexander von Humboldts gegründet Einrichtung hat das Ziel, die Hochschule dabei zu unterstützen, in der Forschung und in ihren vielseitigen Netzwerken starke Verbindungen zu knüpfen. Das „Bayreuth Humboldt Centre“ soll dazu beitragen, neue Beziehungen dieser Art einzugehen sowie bestehende Bindungen zu stärken und zu vertiefen, indem es herausragende internationale Gastwissenschaftler an die Universität Bayreuth einlädt, Forschungsaufenthalte an der Universität finanziert und strategische Workshops ermöglicht, die Bayreuther Forscher mit internationalen Partnerinstitutionen durchführen. Damit werde das Erbe Alexander von Humboldts auch über das Jubiläumsjahr zu dessen 250. Geburtstag hinauswirken, sagte Köhler.